Region: Quer durch Utah

Space Trip on Mars

Tiefe enge Canyons, unmögliche Felslandschaften, flirrende Wüsten – Utahs spektakuläre Gesichter lassen dich oft glauben, du wärst auf einem anderen Planeten.

Created by: Ingo Hübner

Es ist still, so still, dass der eigene Herzschlag hörbar ist. Nur ab und an lässt ein warmer, wüstenhafter Lufthauch die Espenblätter flüstern. Ganz leise raunen sie einem zu, geh weiter, einfach weiter, verliere dich in dieser majestätischen Landschaft. Dein Herz wird vor Glück bersten! Tatsächlich ist die Schönheit des Grand Staircase Escalante National Monument zum Niederknien, zum Weinen. So einzigartig, so einladend in ihr einfach zu einem Staubkorn in diesem Universum aus Sandstein zu werden, so schroff, so abweisend, so erhaben.

The Grand Staircase, das große Treppenhaus. Stufe um Stufe liegen hier Hunderte Millionen Jahre alte Sandsteinschichten übereinander und Wind, Wasser und vor allem Zeit haben eine märchenhafte Welt aus Figuren, Nadeln, Wellen, Rillen und einfach unbeschreibbaren Formen herauspräpariert. Das größte Wunder liegt aber im Verborgenen und meist unter der Oberfläche der Sandsteinlandschaft: Die Welt der Canyons und Slot Canyons. Das sind die, die so eng werden können, dass sie einem die Luft aus den Lungen zu pressen scheinen. Weit verzweigt und fein verästelt, wie ein Gefäßsystem. 

Ein schier endloses Labyrinth

Sie lassen sich schon nach ein paar Meilen auf der Hole-in-the-Rock-Road, die nahe Escalante ins Monument abzweigt, nach dem Abstieg in den Dry Fork Canyon erleben. Der einzige Canyon, bei dem der Parkranger in Escalante nicht mit den Augen rollt, wenn man ohne Führer ins Niemandsland aufbrechen will. Populär sind vor allem seine seitlichen Slotcanyons Peek-a-Boo und Spooky. Das heißt, dass zur Hochsaison vielleicht 15 Wanderer am Tag hier auftauchen. Wie weit kann man sich in die Windungen des Dry Fork vorwagen, welchen Seitencanyon begehen und noch zurückfinden? Ein unübersichtliches und schier endloses Labyrinth im weichen Sandstein. Hier ist die Einsamkeit schon ganz schön mächtig, praktisch allgegenwärtig, hinter jeder Biegung und neuen Verzweigung der Schlucht zeigt sie noch ein wenig mehr von sich. Schnell offenbart sie jedoch auch ihr zweites Gesicht: das Gefühl, sich nicht nur zu verlieren, sondern tatsächlich verloren gehen zu können. Ein Niemand zu sein in dieser monumentalen Unberührtheit.

Der Buckskin Gulch

Der Buckskin Gulch

Äußerst monumental, weil längster Slot Canyon der Welt, ist der Buckskin Gulch. Ihn einmal vollständig zu durchqueren ist definitiv eine ganz besondere Reise, bei der man der Erde im sprichwörtlichen Sinn ganz nah ist.

Go deeper

Weniger verzweigt, dafür noch monumentaler, weil längster Slot Canyon der Welt, ist der Buckskin Gulch. Er liegt knapp außerhalb des Monuments, ist aber ein Muss, um sprichwörtlich tief in die Besonderheit der Region einzutauchen. Es ist ein eigentümliches Gefühl, durch diese abgeschiedene Welt aus Stein zu wandern, zwei Tage lang etwa, dauert der Trip. Manchmal ist der Canyon ganz eng, dunkel und zig Meter hoch, und man selbst klitzeklein, im Herzen aber immer diese Weite, diese Freiheit.

Ein Tag auf dem Mars – White Pocket

Der Landeanflug hat nur wenige Stunden gedauert, dafür war er zuletzt recht holprig und dieses staubige Gefühl von zu viel rotem Wüstensand ist noch im Mund. Jetzt ist die Crew ausgestiegen, hat wieder festen Boden unter den Füßen und kann sogar die Helme abnehmen – komisch, die Atmosphäre scheint ähnlich wie auf der Erde zu sein. Der Anblick, der sich einem darbietet ist jedoch definitiv außerirdisch. Schon die erste Felsformation ist so was von spacig: schaut aus wie das obere Teil einer Eistüte, die beim Zerlaufen erstarrt ist. Obwohl es ehrlich gesagt ziemlich heiß ist. Rot, Braun, Rost, Ocker, Weiß gehen ineinander über, verlaufen ineinander. Die weißen Einschlüsse im Gestein haben der Landschaft zum Namen White Pocket verholfen.

Die mitgereisten Kosmonautinnen aus China sind ganz verzückt, kommen vor lauter Fotos überhaupt nicht mehr dazu, das Ganze zu erleben, in seiner Andersartigkeit zu erfahren. Das ist vielleicht auch ein guter Schutz für die Sinne, denn White Pocket ist einfach nur mind-blowing. Wir wandern entrückt umher, regelrecht fassungslos über das, was wir sehen. Dort gigantische Bienenkörbe, hier gefrorene Wellen, dort ein Strudel, Rillen, Fräsen, feinste Ziselierungen im Gestein, die auf eine nicht fassbare Komplexität der schöpferischen Natur verweisen, hinaus ins Universum, hinaus in die Unendlichkeit.

Der Mann, der das alles erdet, ist Guide Bruce. Mit seinem grauen Rauschebart und der feinen Brille schaut er ein bisschen wie ein versprengter Santa Claus aus. Und erzählt ganz bodenständig, wie White Pocket aus geologischer Sicht entstanden ist, dass es außergewöhnlicher sei, als die nahegelegene, als Microsoft-Bildschirmschoner zu weltweiter Bekanntheit gelangte Formation The Wave. Aber all diese Fakten lösen sich in Nebel auf, in einem Nebel, den so ein rauschhaftes Erlebnis erzeugt. Bis man abends plötzlich wieder in Kanab auf der Straße steht und sich fragt, in welcher Seitenstraße das Raumschiff gelandet ist.

Into the Slot canyons

  • Outdoortouren

    Excursions of Escalante bietet geführte Touren von Escalante aus an. Die Palette reicht von Tagestrips durch einen Slotcanyon bis hin zu individuell organisierten Mehrtagesexkursionen durch das Monument: www.excursionsofescalante.com.

  • Übernachten

    Kanab ist Ausgangspunkt für Touren nach Whitepocket und ein absolut liebenswertes Städtchen mit dem sehr guten Restaurant von Chef Shon Foster: www.chefshon.com. Übernachten kann man seit fast 100 Jahren in der Parry Lodge: www.parrylodge.com.